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Reparatur und Aufarbeitung einer Tonbandmaschine REVOX A77 MK III

 


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Rückblick

Unsere Tonbandmaschine REVOX A77 der Serie MK III ist ein Relikt aus den 1990er Jahren.
Die Serie MK III wurde zwischen 1971 und 1974 produziert - unser Exemplar war bei Erwerb also bereits etwa 20 Jahre alt und in einem einwandfreien Zustand.

Das A77 wurde angeschafft, um selbst produzierte Musik in möglichst hoher Qualität archivieren zu können.
Zu diesem Zweck wurde das Gerät auf die Pegel der europäischen Studionorm umgerüstet und auf Studioband BASF 911 eingemessen. Die Qualität der damals erstellten Aufnahmen können auch nach 25 Jahren noch als sehr gut bezeichnet werden.
A77 MK III
Die Tonbandmaschine REVOX A77 MK III


Zum Ende der 1990er Jahre musste dieses sehr intensiv betriebene Hobby anderen Freizeitbeschäftigungen weichen - u. a. auch dem Bau von Metallbaukasten-Modellen.
Das A77 hatte praktisch ausgedient und wurde seitdem nur noch gelegentlich zum Digitalisieren liebgewonnener Erinnerungen verwendet.


Etwa um das Jahr 2010 wurde erstmals ein Defekt am A77 festgestellt.
Beim Betätigen der Rücklauftaste während der Wiedergabe wurde ein kurzer, aber deutlich als "Plop" hörbarer Impuls auf das Band magnetisiert. Da keine weiteren Aufnahmen vorgesehen waren, wurde als Erste-Hilfe-Maßnahme der Sprechkopf abgelötet - zugegeben nicht gerade professionell, aber dadurch waren zumindest weitere Digitalisierungen möglich.

Zum Jahreswechsel 2018/2019 stand abermals die Digitalisierung persönlicher Aufnahmen aus den 1970er Jahren an und hierfür wurde das A77 nach Jahren erstmals wieder eingeschaltet. Geraucht und geknallt hat es zwar nicht, aber dennoch zeigte das Gerät erhebliche Schwächen. So war der Klang anfangs extrem dumpf und der ursprüngliche Ausgangspegel wurde bei Weitem nicht erreicht - auch das Umspulen gestaltete sich teilweise als Quälerei. Es war bedauerlich, aber in diesem Zustand war das Gerät nicht zu gebrauchen :-(

Das änderte sich unerwartet im Laufe der nachfolgenden Tage :-)
Mit zunehmender Betriebsdauer erfuhr das A77 offenbar eine wundersame Heilung und die an aufeinanderfolgenden Tagen durchgeführten Digitalisierungen wurden hörbar besser. Auch der Ausgangspegel des noch vorhandenen 514nWb/m - Referenzbandes wurde punktgenau wieder erreicht. Somit konnten zumindest die noch anstehenden Digitalisierungen erfolgreich beendet werden.

Die Freude währte allerdings nicht sehr lange.
Kurz nach Abschluss der Digitalisierungen kam ein weiterer Defekt hinzu. Innerhalb von Minuten änderte sich die Bandgeschwindigkeit und fortan lief der Capstan-Motor für den Bandantrieb offenbar ungeregelt mit voller Drehzahl. Spätestens jetzt war es an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen: das A77 als Ersatzteilträger zu veräußern oder zu behalten und grundlegend aufzuarbeiten?



Kriterien für eine Aufarbeitung

Defekte Geräte kann man praktisch nur als Ersatzteilträger für wenig Geld veräußern, ordentlich funktionierende Geräte in gutem Zustand werden dagegen recht teuer gehandelt. Außerdem hat ein REVOX A77 inzwischen einen gewissen Kult-Status - viele Liebhaber beschäftigen sich deshalb mit der Aufarbeitung solcher Geräte, kommunizieren dies freundlicherweise im Internet und bieten sowas zum Teil auch als Dienstleistung an. Stellvertretend für die zahlreichen Webseiten zu diesem Thema sollen hier folgende genannt werden:

www.studerundrevox.de

www.genesis-audioline.de

www.pievox.de
(Webseite eines ehemaligen Studer-Mitarbeiters)


Ob man sich auf eine Aufarbeitung einlassen soll, hängt aus meiner Sicht hauptsächlich von folgenden Kriterien ab:

     1. Vom Erhaltungszustand der Tonköpfe
     2. Von den eigenen Fähigkeiten und Kenntnissen
     3. Vom Zugriff auf die erforderlichen Messgeräte und Hilfsmittel


1. Erhaltungszustand der Tonköpfe

Als Verschleißgrenze für die Tonköpfe findet man im Internet einen Wert von 6 bis 7mm Kopfspiegel-Breite. Ob dem so ist, weiß ich nicht, aber man sollte damit rechnen, dass solche Köpfe vermutlich bald auszutauschen sind.

Gut erhaltene Köpfe sind inzwischen schwer zu finden, und wenn, dann haben sie ihren Preis. Hinzu kommt, dass die Köpfe nur mit speziellen Hilfsmitteln korrekt zu justieren sind - stehen diese Hilfsmittel nicht zur Verfügung, dann verursacht diese Dienstleistung ebenfalls Kosten.
Wenn die Köpfe also tatsächlich verschlissen sind und dazu vielleicht noch der eine oder andere Defekt vorliegt, dann kann man über eine Veräußerung des Gerätes als Ersatzteilträger nachdenken und den Erlös ggfs. in ein bereits aufgearbeitetes Gerät stecken.


Kopfspiegel
Der Sprechkopf des A77
Hat der Kopfspiegel erst eine Breite von 3 bis 4mm (siehe Abbildung links), dann kann man davon ausgehen, dass die Köpfe bei moderater Nutzung des Gerätes noch etliche Jahre halten werden.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Verbreiterung des Kopfspiegels aufgrund der kleinen Berührungsfläche anfangs relativ schnell zu beobachten ist, mit zunehmender Breite aber immer langsamer voranschreitet.

Nicht verschlissene Tonköpfe sollte man erstmal so lassen, wie sie sind, und auf keinen Fall an den Justierschrauben drehen - damit würde man meist mehr Schaden anrichten, als Nutzen.


2. Eigene Fähigkeiten und Kenntnisse

Die Aufarbeitung einer Tonbandmaschine ist nicht zu unterschätzen und man muss sich sehr intensiv damit auseinandersetzen.
Es liegt auf der Hand, dass es ohne gewisse Fertigkeiten im Löten und Entlöten elektronischer Bauteile kaum funktionieren wird - aber das ist nicht alles. Neben dem Austausch vieler Bauteile sind u. U. auch Fehler zu lokalisieren und zu beseitigen; ein Mindestmaß an Elektronik-Kenntnissen ist deshalb ebenfalls unerlässlich.

Wenn man in irgendeiner Form unsicher ist, dann sollte man das Gerät auf jeden Fall von einem Fachkundigen aufarbeiten lassen, auch wenn es u. U. recht kostspielig ist. Aber der Schaden durch unsachgemäße Basteleien an einer solch komplexen Maschine dürfte im Zweifelsfall noch deutlich höhere Kosten verursachen.


3. Zugriff auf die erforderlichen Messgeräte und Hilfsmittel

Das erste Hilfsmittel ist eine halbwegs passende Service-Anleitung und diese findet man heutzutage meist kostenlos als pdf-Datei im Internet.
Die mir als Handbuch vorliegende Version ist die 7th Edition mit der Nummer 18.160.477, welche unser A77 MK III weitestgehend zutreffend abbildet.
Die letzte Version der Service-Anleitung ist wohl die 10th Edition vom April 1984, die zumindest in englischer Sprache im Internet zu haben ist.

Verwirrend wird es dann, wenn z. B. eine andere Baugruppe verbaut ist, als in der Service-Anleitung beschrieben. Insbesondere bei der Drehzahlregelung für den Bandantrieb ist das keine Seltenheit, da es 2 unterschiedliche Versionen gibt: eine sog. Spulenkern-Version und eine sog. IC-Version. Je nach dem, was im Gerät verbaut ist, muss man auch hierfür die entsprechenden Unterlagen suchen.
Aber selbst dann, wenn man die richtigen Unterlagen gefunden zu haben glaubt, muss man damit rechnen, dass etliche Bauteile der vorhandenen Baugruppe nicht mit dem Schaltplan übereinstimmen.

Als Messgeräte haben sich Oszilloskop, Funktionsgenerator, Frequenzzähler und Multimeter als ausreichend erwiesen, um die meisten elektrischen Messungen und Einstellungen durchführen zu können. Wenn man sich beruflich oder zumindest hobbymäßig intensiv mit Elektronik beschäftigt, dann sind solche Geräte i. d. R. vorhanden.
Eine Entmagnetisierungsdrossel darf selbstverständlich auch nicht fehlen und im vorliegenden Fall fand sich sogar noch ein Effektivwert-Millivoltmeter.

Für manche Messungen werden ein Klirrfaktor-Messgerät und ein Tonhöheschwankungsmesser benötigt - nunja, auf solche Messungen wird man dann wohl verzichten müssen. Wenngleich die Bestimmung eines Klirrfaktors auch rechnerisch z. B. mit der Δp - Methode möglich ist sei angeraten, erstmal nicht unnötig an Trimmpotis herumzudrehen. Auch mit der Frequenzanalyse eines Audio-Programms lässt sich heutzutage ein Klirrfaktor ermitteln, das habe ich selbst aber noch nicht ausprobiert.

Schwierig wird es bei Messungen "ab Band" oder gar bei der Justierung der Köpfe. Hierfür sind sog. Test- und Justierbänder erforderlich, die als Messnormale der Magnetbandtechnik gelten. Solche Bänder sind teuer und für eine einmalige Verwendung lohnt sich deren Anschaffung nicht. Wenn sowas erforderlich ist, dann wird man das als Dienstleistung in Anspruch nehmen müssen. Deshalb auch an dieser Stelle nochmal der dringende Rat, die werksseitig durchgeführte Justierung von Tonköpfen erstmal nicht zu verändern.

Wenn man die Leiterplatten nicht unnötig belasten will, dann sollte für des Ausbau der alten Bauteile zudem ein halbwegs brauchbares Entlötgerät ("Zinnlutsche") verwendet werden.
Und letztendlich gehört zu einer sorgfältigen Aufarbeitung auch die Säuberung der Leiterplatte von Lötrückständen mit einem geeigneten Reinigungsmittel wie z. B. KONTAKT LR.

Da im vorliegenden Fall die Tonköpfe nur mittelmäßigen Verschleiß zeigten und zudem sowohl tiefgehende Elektonik-Kenntnisse als auch die meisten Messgeräte und Hilfsmittel vorhanden sind habe ich mich entschlossen, das REVOX A77 zu behalten und einer nachhaltigen "Frischzellenkur" zu unterziehen.



Durchzuführende Tätigkeiten

Nach allgemeiner Experten-Meinung sollte die Aufarbeitung einer Tonbandmaschine im Wesentlichen folgende Punkte umfassen:

     - Erneuerung der Elektrolykondensatoren
     - Erneuerung der Motor-Kondensatoren
     - Erneuerung der Folienkondensatoren
     - Erneuerung der Trimmpotis
     - Reinigung der Relais-Kontakte und Schalter

Sollten von außen zugängliche Potis kratzen oder defekt sein, dann kann man versuchen, auch hierfür passenden Ersatz zu finden. Wenn das nicht gelingt, dann muss man sich erstmal mit einer Reinigung zufrieden geben.

Ähnliches gilt für evtl. durchgebrannte Glühlampen.
Sollten diese nicht mehr erhältlich sein, dann kann man den Glaskolben der Lampe knacken und versuchen, in die Fassung eine LED mit Vorwiderstand einzulöten.



Hinzu kommen ggfs. diverse mechanische Arbeiten wie z. B. der Tausch und/oder das Schmieren von Lagern und Bandlaufrollen nach Bedarf sowie die Erneuerung des Antriebsriemens für das Zählwerk und dessen Schmierung.

Auch die Erneuerung von 2,8mm-Flachsteckern kann ein Thema sein.
In meinem Gerät gab es z. B. etliche korrodierte Flachstecker (siehe Abbildung rechts), die beim Zusammenbiegen teilweise sofort gebrochen sind.



(Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit)
Korrodierte Flachstecker
Korrodierte Flachstecker auf der Laufwerksteuerung


Erneuerung der Elektrolytkondensatoren

Betroffen sind ALLE Elektrolytkondensatoren. Ob man auf Tantal-Kondensatoren grundsätzlich verzichtet und stattdessen durchweg Alu-Elkos einbaut, bleibt jedem selbst überlassen. Aus meiner Sicht besteht bei solch einfachen analogen Schaltungen auf großzügig gestalteten Leiterplatten kein zwingender Grund für den Einsatz von Tantal-Elkos. Lediglich die Lebensdauer könnte ein Pro-Tantal-Argument sein - wo kein flüssiger Elektrolyt ist, kann auch keiner austrocknen.

Auf jeden Fall wird man sich damit abfinden müssen, dass moderne Bauteile deutlich kleiner sind und meist nicht mehr ins vorhandene Raster passen. Dies kann zum Teil aber durch Bauteile mit höherer Betriebsspannung ausgeglichen werden.

Auch wird man Werte wie 125µF oder 1600µF nicht bekommen. Hier muss man sich pragmatisch für eine halbwegs passende ähnliche Kapazität entscheiden, und wenn es besonders sorgfältig sein soll, dann spendiert man am besten auch gleich 105°C-Typen mit entsprechend erhöhter Lebensdauer.

Elektronik-Lieferanten gibt es genug, aber nicht alle beliefern auch Privatkunden mit kleinen Stückzahlen. Diesbezüglich gehört die Firma Reichelt auf jeden Fall zur ersten Adresse.


Erneuerung der Motor-Kondensatoren

Die Motor-Kondensatoren sind zwar keine Elkos, sollten nach allgemeiner Meinung aber ebenfalls ausgetauscht werden, erst recht natürlich dann, wenn das Umspulen etwas kraftlos vonstatten geht oder sichtbare Beschädigungen vorliegen. Aber der Austausch ist beim A77 keine große Aktion.

Benötigt wird ein 3,5µF-Kondensator für den Bandantrieb sowie ein 4,3µF-Kondensator für jeden Wickelmotor. 4,3µF gibt es nicht, also wird man sich für 4,5µF entscheiden.
Solche Kondensatoren werden z. B. von DUCATI hergestellt, diese erhält man bei Reichelt jedoch leider nicht.
Auch bei Pollin gab es im Januar 2019 nicht die im A77 MK III verbauten Werte.
Ein großes Angebot an Motorkondensatoren hat z. B. die Firma Lüdeke Elektronic, der Stückpreis beträgt etwa 3 Euro.

Der 4,5µF-Kondensator war im Januar 2019 allgemein schwer zu bekommen. Als Lieferzeit wurden bei Lüdeke 12 Wochen angegeben und auch ein weiterer Lieferant hatte keinen Lagerbestand. Bei Amazon war der Kondensator zwar zu haben, sollte pro Stück allerdings knapp 15 Euro kosten. Ebay ist ebenfalls eine Option - der 3er-Satz war dort für 20,80 Euro incl. Versand von der Firma Saunabau Braun in Süddeutschland erhältlich.


Erneuerung der Folienkondensatoren

Bei Folienkondensatoren ist es nicht ganz so kritisch.
Bei diesen Kondensatoren kann zwar nichts austrocknen, aber sie ziehen im Laufe der Jahre Feuchtigkeit und verändern dadurch etwas ihre Eigenschaften. Einen Tausch kann man aber z. B. davon abhängig machen, ob das Gerät noch die erforderlichen Spezifikationen erfüllt.
Zu erneuern sind selbstverständlich Kondensatoren, die gerissen oder anderweitig offensichtlich defekt sind.

Auch die Zugänglichkeit der Leiterplatten kann ein Kriterium sein - wenn man schonmal die 3 zentralen Leiterplatten Netzteil, Laufwerksteuerung und Drehzahlregelung ausgebaut hat, dann kann man auch gleich die wenigen Folienkondensatoren erneuern.
Nebenbei sei erwähnt, dass auf dem Netzteil ein Folienkondensator verbaut ist, der an keiner Stelle Stelle der Dokumentation auftaucht.

Auf der Drehzahl-Regelung (in der Service-Anleitung auch als Tonmotor-Regelung bezeichnet) sind u. a. einige engtolerierte Präzisionskondensatoren verbaut. Diese sind zwar großzügig vergossen, nehmen im Laufe der Jahrzehnte aber ebenfalls geringfügig Feuchtigkeit auf - man merkt das daran, dass die Drehzahl des Bandantriebs durch Vergrößerung der Schwingkreis-Kapazität nach und nach kleiner wird. Dennoch sollte man sich von diesen Kondensatoren nicht leichtfertig trennen, denn eng tolerierte Kondensatoren findet man nicht an jeder Straßenecke und schon gar nicht mit Rastermaß 35mm.

1%-Kondensatoren hatte ich vor Jahren bei der Firma RS Components bezogen und diese gab es nur im 10er-Pack.
Privatkunden wurden zwischenzeitlich nicht mehr beliefert, neuerdings ist das aber wohl wieder möglich im RS Components Privatkunden-Shop.
Die Suchfunktion ist für meinen Geschmack zwar ziemlich gewöhnungsbedürftig, aber wenn man lange genug Geduld hat, dann findet man irgendwann z. B. einen 22nF - Kondensator mit 1% Toleranz und Rastermaß 5mm im Zehnerpack für gut 2 Euro.


Erneuerung der Trimmpotis

Auch die Erneuerung von Trimmern wird in Fachkreisen zum Teil als obligatorisch betrachtet, ich persönlich sehe das aber deutlich entspannter.

Dass unbrauchbare bzw. sichtlich beschädigte Trimmer zu ersetzen sind, ist selbstverständlich. Und wenn man das Gerät schonmal weitgehend zerlegt hat, dann kann man natürlich auch gleich die Trimmer auf den schwer zugänglichen Baugruppen durch gekapselte Typen ersetzen. Man sollte vorher aber sicherstellen, dass man die korrekte Einstellung wieder hinbekommt.

Ansonsten halte ich es für sinnvoll, die Trimmer auf den einzelnen Steckkarten erstmal dort zu belassen, um nicht sämtliche Einstellungen zu verlieren. Hinzu kommt, dass zumindest in meinem Gerät auf allen Steckkarten bis auf 2 Ausnahmen durchweg gekapselte Piher-Trimmer verbaut sind. Sollte sich auf diesen Karten der eine oder andere Trimmer als unbrauchbar erweisen, dann ist ein Austausch auch nachträglich relativ einfach möglich.


Reinigung der Relais-Kontakte und Schalter

Hierzu wird meist empfohlen, zumindest die Kontakte zweckmäßig zu reinigen - soll heißen: auf keinen Fall mit Schmirgelpapier, sondern mit einem geeigneten Reinigungsmittel.



Hinweise zum Ausbau des Chassis und zur Zerlegung des Gerätes

Die hierzu erforderlichen Tätigkeiten sind zwar grundsätzlich in der Service-Anleitung aufgeführt, manche Handgriffe könnten allerdings etwas ausführlicher beschrieben sein.

Einen aus meiner Sicht gravierenden Mangel enthält der Abschnitt 3.1 Gehäuseausbau auf Seite 6. Hier heißt es:

- Gerät mit Frontplatte nach unten auf eine weiche Unterlage auflegen.
- Gehäusebefestigungsschrauben entfernen. Gehäuse vorsichtig nach oben abziehen.


Wenn diese Formulierung so gemeint sein sollte, dass man eine 15 kg schwere Bandmaschine allen Ernstes auf die empfindlichen Schalter und Potentiometer ablegen soll, dann kann man davon nur dringend abraten. Wenn die Schrauben unbedingt von oben zugänglich sein sollen, dann sollte man an geeigneten Stellen wenigstens Klötze unterlegen, um die Schalter und Potis nicht zu belasten.
Alternativ kann man das Gerät auch senkrecht stellen und das Chassis nach Entfernung der Schrauben vorsichtig aus dem Holzgehäuse ziehen - bei mir hat das jedenfalls immer problemlos funktioniert.

Beim Entfernen des Gehäuses wird ein Sicherheitsstecker getrennt, damit das Gerät ohne Gehäuse nicht versehentlich eingeschaltet werden kann. Dieser Kurzschlussstecker muss berührungssicher überbrückt werden, da er bereits bei gestecktem Netzstecker Spannung führt.
Alternativ können die Befestigungsschrauben des Sicherheitssteckers entfernt werden, sodass er beim Ausbau aus dem Gehäuse am Chassis stecken bleibt.

Die Entfernung der einzelnen Steckkarten ist einfach und bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Komplizierter ist dagegen der Ausbau der 3 zentralen Leiterkarten Netzteilstabilisierung, Laufwerksteuerung und Tonmotor-Regelung sowie Schalter-Print mit VU-Meter-Träger. Hierzu sind u. a. das Bremsaggregat und die Wickelmotoren zu entfernen.

Vorsicht geboten ist beim Abziehen der Flachstecker für die Bremsmagnete!
Diese sollten unbedingt isoliert werden - andernfalls droht der Defekt von Bauteilen, wenn es beim Experimentieren unter Spannung zu einem Kurzschluss kommt. Im vorliegenden Fall hatte es die Diode D123 auf der Laufwerksteuerung "geschlachtet", die durch eine 1N4007 ersetzt wurde.



Beseitigung vorhandener Defekte

Vor der eigentlichen Aufarbeitung sollten die vorhandenen Defekte beseitigt werden.
Interessanterweise wären beide Defekte mit Erneuerung der Kondensatoren sowieso verschwunden, aber hinterher ist man bekanntlich immer schlauer - und letztendlich will man ja auch wissen, woran es gelegen hat.


Fehler: Magnetisier-Impuls beim Betätigen der Rücklauftaste während der Wiedergabe

Der Service-Anleitung ist zu entnehmen, dass an der Bestromung des Sprechkopfes außer dem Schalterprint 3 Leiterkarten beteiligt sind: Oszillator, Aufnahmerelais und Aufnahmeverstärker.
Mit dem Oszilloskop war des Weiteren zu sehen, dass der Impuls nur im linken Kanal auftritt. Es lag also nahe, die Aufnahmeverstärker einfach mal zu tauschen und zu prüfen, ob der Fehler "mitwandert".
Genau das war der Fall. Mit einem Ohmmeter war dann relativ einfach herauszufinden, dass der Ausgangskondensator C515 (Tantal) einen satten Kurzschluss hatte.


Fehler: Ungeregelte Drehzahl des Capstan-Motors für den Bandantrieb

Das war eine spannende Geschichte!
Es fing damit an, dass in der vorliegenden Service-Anleitung zwar die Spulenkern-Version der Tonmotor-Regelung beschrieben ist, der Schaltplan aber die IC-Version zeigt.

Im Gerät ist die Spulenkern-Version verbaut und hierfür gab es weder Schaltplan noch Bestückungsplan. Nach längerer Suche im Internet konnten zwar Schalt- und Bestückungsplan der Spulenkern-Version gefunden werden, allerdings weichen auch bei diesem Schaltplan die Werte von insgesamt 15 Bauteilen von den Werten der vorhandenen Schaltung ab. Aber immerhin besser, als gar nichts.

Zum Ausbau der Drehzahl-Regelung ist eine teilweise Zerlegung des Gerätes erforderlich und nach Herausfummeln der Leiterplatte wurden auf Anhieb 2 defekte Bauteile entdeckt: Kondensator C213 war gerissen und der Schleifer des Trimmers P201 hing kraftlos an der Kohleschichtbahn. Der defekte Trimmer war mir nie aufgefallen, da ich die Bandgeschwindigkeit 9,5cm/s nie verwendet hatte. Beide Bauteile konnten gemäß Schaltplan (siehe weiter unten) aber nicht für den Ausfall der Regelung verantwortlich sein.

Der entscheidende Hinweis stand in der Service-Anleitung unter 9. FEHLERSUCHE auf Seite 37:

Tonhöheschwankungen auf beiden Geschwindigkeiten können durch einen defekten Kondensator des R/C-Gliedes R215/C209 der Regelelektronik verursacht werden. Kondensator auswechseln.



Defekte Bauteile
Defekte Bauteile der Tonmotor-Regelung
Bingo - schon der 2. Fehler wegen eines defekten Elkos, aber diesmal war es kein Tantal-Elko.

Der defekte Trimmer war beim Auslöten auseinandergefallen und wurde für das nebenstehende Foto zusammengeklebt.

Außerdem gab es noch einen Entstörkondensator, dessen Gehäuse sichtbar gerissen war.

Die oben beschriebenen Fehler waren somit beseitigt und im Prinzip nur noch die restlichen Elkos zu erneuern.



Die Aufarbeitung im Einzelnen und praktische Hinweise

Bereits wenige Tage nach Bestellung wurden die Bauteile geliefert; der gesamte Ablauf erfolgte zügig und problemlos und deshalb kann ich die Firma Reichelt ausdrücklich empfehlen.

Nach Sortieren der Bauteile in einzelne Tüten konnte die weitere Zerlegung des A77 beginnen.
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass das Gerät ein ziemlicher "Drahtverhau" ist. Die Service-Anleitung enthält - wie bereits erwähnt - zwar weitestgehend alle erforderlichen Informationen, dennoch fühlt man sich sicherer, wenn vor jeder Demontage aussagekräftige Fotos und/oder Skizzen angefertigt und die Leitungen entsprechend gekennzeichnet werden.

In der linken Abbildung ist rechts unten eine kleine Lochraster-Leiterplatte erkennbar, die nicht zur Serienausstattung gehört.
Sie enthält eine Schaltung zur Begrenzung des Einschaltstromstoßes, damit die Zeiger der VU-Meter beim Einschalten nicht ungebremst gegen den Endanschlag prallen. Dieses Detail hatte der Vorbesitzer der Tonbandmaschine nachgerüstet und wird später noch näher erläutert.


Chassis
Das teilzerlegte A77
Chassis
Erkennbar sind hier auch die gekennzeichneten Leitungen
Chassis
Das weiter zerlegte A77

Tonmotor und Netztransformator mussten für die Aufarbeitung nicht ausgebaut werden.


Motor-Kondensatoren


Verbaut waren ursprünglich 1 x 3,5µF ±10% sowie 2 x 4,3µF ±10%.
Aus den Toleranzen ergeben sich mögliche Werte zwischen 3,15µF und 3,85µF für der 3,5µF-Kondensator sowie zwischen 3,87µF und 4,73µF für den 4,3µF-Kondensator.

Der Wert 4,3µF ±10% war nicht erhältlich, sondern stattdessen 4,5µF ±5%.
Der Toleranzbereich dieses Kondensators beträgt zwischen 4,275µF und 4,725µF und liegt somit zumindest formal gerade noch im Bereich des 4,3µF-Kondensators.
Motor-Kondensatoren
Die Motor-Kondensatoren von DUCATI


Motor-Kondensatoren vorher
Motor-Kondensatoren vorher
 
Motor-Kondensatoren nachher
Motor-Kondensatoren nachher


Leiterplatte Netzteil

Diese Leiterplatte ist relativ umständlich zu demontieren, da außer den Flachsteckern auf der Bestückungsseite noch 12 Trafo-Leitungen und eine Masse-Leitung abzulöten sind.

Der Tausch der Bauteile war kein Problem - auch der in der Dokumentation nicht aufgeführte Kondensator C102 (100nF Folie) wurde ersetzt.


Netzteil
Die Leiterplatte Netzteil nach der Bearbeitung
Der (stehend montierte) Ladekondensator C104 ist nicht optimal angebunden, weil er durch die beiden ca. 10cm langen Leitungen praktisch in einem Nebenpfad liegt (linke Abbildung).

Die Leitungen werden sowohl von den hohen Ladestromspitzen als auch vom Gleichstrom durchflossen. Die Ladestromspitzen erzeugen in den Leitungen einen Spannungsabfall, der als unnötig hohe Brummspannung auf der Gleichspannung erscheint. Üblich ist es, die Gleichspannung direkt an den Kondensatoranschlüssen abzugreifen, weil dies der niederohmigste Punkt ist. Dazu wären in diesem Fall aber 2 zusätzliche Leitungen erforderlich.

Da diese Gleichspannung nur der Relais-Versorgung dient, wurde an dieser Stelle nichts geändert.

Das ungekapselte Trimm-Potentiometer wurde durch einen gekapselten Trimmer ersetzt und anschließend wieder die ursprüngliche Spannung von 21,4V eingestellt.


Leiterplatte Laufwerksteuerung


Der Ausbau ist relativ einfach und der Tausch der Kondensatoren kein Problem.

Die Relais sind gesockelt und lassen sich ebenso einfach öffnen.
Zur Reinigung der Kontakte wurde ein Streifen Krepp-Klebeband mit Kontaktspray benetzt und vorsichtig durch die Kontakte gezogen.

Die Schaltereinheit wurde geöffnet und die Kontakte mit einem in Kontaktspray getränkten Wattestäbchen gereinigt.
Das Gehäuse der Schaltereinheit besteht aus Kunststoff und die Schrauben sollten beim Zusammenbau nicht zu fest angezogen werden.
Laufwerksteuerung
Die Leiterplatte Laufwerksteuerung nach der Bearbeitung


Leiterplatte Drehzahl-Regelung (Tonmotor-Regelung)

Drehzahl-Regelung
Die Leiterplatte Drehzahl-Regelung nach der Bearbeitung
Entgegen der Dokumentation in der Service-Anleitung ist im vorliegenden Gerät nicht die sog. IC-Version verbaut, sondern die sog. Spulenkern-Version.

Der Ausbau der Leiterplatte erfolgte bereits im Rahmen der Reparatur.
Neben den Elektroly-Kondensatoren wurden - wie bereits erwähnt - auch der gerissene Folienkondensator C213 sowie der defekte Trimmer P201 durch ein gekapseltes Poti ersetzt.

Vor dem Zusammenbau des A77 wurde die Motordrehzahl geprüft und auf den spezifizierten Wert korrigiert. Hierzu war u. a. eine Anpassung der Präzisionskondensatoren erforderlich und diese Prozedur wird einschließlich Schaltplan und Bestückungsplan weiter unten in einem separaten Abschnitt behandelt.


Leiterplatten Schalter-Print und VU-Meter-Träger

Der Ausbau der Leiterplatte Schalter-Print ist relativ aufwändig, da vorher mehrere mechanische Teile zu entfernen sowie diverse elektrische Verbindungen zu trennen sind. Das Meiste ist zwar in der Service-Anleitung beschrieben, dennoch ist es nicht verkehrt, das eine oder andere Detail zu notieren, um beim Zusammenbau nichts zu vergessen.
Die beiden Leiterplatten selbst wurden nicht getrennt und werden hier deshalb als Einheit betrachtet.

Neben den wenigen Elektrolyt-Kondensatoren wurde auch das Trimm-Potentiometer durch ein gekapseltes Bauteil ersetzt.

Die Drehschalter wurden geöffnet und die Kontaktflächen mit in Kontaktspray getränkten Wattestäbchen gereinigt.


Schalter-Print
Schalter-Print und VU-Meter-Träger nach der Bearbeitung
 
Verschmutzte Kontakte
Verschmutzte Kontakte eines Drehschalters

Am VU-Meter-Träger ist gleichermaßen die kleine Lochraster-Leiterplatte mit der bereits erwähnten Schaltung zur Einschaltstromstoßbegrenzung befestigt (auf Abbildung oben links nicht zu sehen). Die Funktion dieser einfachen Schaltung ist schnell erklärt:
Der VU-Meter-Ausgang des Aufnahmeverstärkers (Steckkontakt 2) wird während des Einschaltens mittels eines Transistors kurzzeitig auf Masse geklemmt.

Nach Abklingen des Einschaltstromstoßes wird der Transistor gesperrt und das Signal gelangt ungehindert an das VU-Meter. Die Zeit wird im Wesentlichen vorgegeben durch ein R/C-Glied mit den Werten 47µF und 100kΩ.

Die Diode sorgt für eine schnellere Entladung des Kondensators, damit die Begrenzung nach kurzzeitigem Ausschalten des Gerätes möglichst schnell wieder einsatzbereit ist. Dafür zucken die Zeiger jetzt beim Ausschalten, prallen aber nicht mehr gegen den Endanschlag.
Einschaltstromstoßbegrenzung
Einschaltstromstoßbegrenzung für beide Stereo-Kanäle


Steckkarten

Der Ein- und Ausbau der Steckkarten ist einfach und bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Davon abgesehen, dass nicht überall die in der Service-Anleitung angegebenen Transistoren verbaut sind, wurden auf diesen Karten lediglich die Elektrolyt-Kondensatoren erneuert. Folienkondensatoren und Trimmer wurden allesamt beibehalten, um die Einstellungen nicht zu verlieren.

Auf der Lötseite des Wiedergabeverstärkers von Kanal 2 befindet sich eine Abschirmplatte - ob diese bereits serienmäßig vorhanden war oder möglicherweise auch vom Vorbesitzer angebracht wurde, ist nicht bekannt.
Diese Platte ist erforderlich, weil die 120kHz-Wechselspannung zur Vormagnetisierung und Löschung andernfalls zu stark in den Wiedergabeverstärker von Kanal 2 einstreut und an seinem Ausgang oberhalb der spezifizierten 50mV liegt.



Prüfung und Korrektur der Tonmotor-Drehzahl

Wie bereits erwähnt, enthält die vorliegende Service-Anleitung die sog. IC-Version der Drehzahl-Regelung, verbaut ist im A77 allerdings die sog. Spulenkern-Version. Zunächst war also ein halbwegs zutreffender Schaltplan sowie ein passender Bestückungsplan zu beschaffen.

Gefunden wurde ein Schaltplan der Spulenkern-Version, welcher allerdings bei 15 Bauteilen von den Werten der vorliegenden Drehzahl-Regelung abweicht. Der Schaltplan wurde deshalb nach Verifizierung aller Bauteile und Leiterbahnen neu erstellt.


Schaltplan
Schaltplan der Drehzahl-Regelung
 
Bestückungsplan
Bestückungsplan der Drehzahl-Regelung

Zur Prüfung der Drehzahl wird ein Frequenzzähler am Tacho-Eingang blu E2 / brn E1 angeschlossen und die Frequenz im Betriebszustand PLAY bei eingelegtem Band gemessen. Bei einer Bandgeschwindigkeit von 19,05cm/s soll die Frequenz zwischen 1600 und 1601Hz und bei 9,5cm/s zwischen 800 und 801Hz betragen.

Gemessen wurde bei 19,05cm/s nach einem 2-stündigen Temperaturausgleich bei etwa 25°C Umgebungstemperatur eine Frequenz zwischen 1596 und 1597Hz, was einer Abweichung von -0,25% vom Sollwert entspricht. Ursache ist eine leicht erhöhte Kapazität der beteiligten Kondensatoren durch Feuchtigkeitsaufnahme im Laufe der Jahre.

Die Einstellung der Drehzahl soll laut Service-Anleitung bei 19,05cm/s durch Verdrehen des Spulenkerns der Schwingkreisspule T201 erfolgen. Die Drehzahl für 9,5cm/s soll anschließend mit dem Trimmpotentiometer P201 justiert werden.
Das kann man so machen, in diversen Foren wird jedoch berichtet, dass beim Verdrehen des Spulenkerns sehr leicht ein Bruch des Kerns auftreten kann. Ein solcher Defekt ist dann - wenn überhaupt - sehr schwer wieder zu reparieren.

Deshalb habe ich nach einer anderen Möglichkeit gesucht und dazu ist ein kurzer Blick in die Theorie erforderlich.
Die Resonanzfrequenz wird im Wesentlichen vorgegeben durch die Induktivität der Spule T201 sowie der beiden parallel geschalteten Kondensatoren C205 und C206. Die Verwendung eines Kondensators hoher (C206) und eines Kondensators deutlich niedrigerer Kapazität (C205) hat den Vorteil, dass die Gesamt-Kapazität durch Ändern von C206 in sehr kleinen Stufen einstellbar ist.
Bei der Bandgeschwindigkeit 9,5cm/s wird über Widerstand R214 eine Spannung an die Dioden D201 und D202 gelegt. Dadurch wird D201 leitend und schaltet die Reihenschaltung aus C207 und P201 parallel zu C205 und C206, wodurch sich eine deutlich größere Gesamt-Kapazität und in Folge eine deutlich niedrigere Frequenz ergibt.

Wenn man nicht am Spulenkern drehen will, dann muss die Kapazität verringert werden.
In obigem Schaltplan war für C205 ursprünglich ein Wert von 1,2nF angegeben, in der vorliegenden Drehzahl-Regelung war jedoch ein 820pF-Kondensator verbaut. Das lässt vermuten, dass der Vorbesitzer des A77 bereits eine Korrektur der Drehzahl durchgeführt haben könnte. Um die Drehzahl nochmals zu korrigieren ist es naheliegend, den 820pF-Kondensator durch den nächst kleineren gängigen Normwert 680pF zu ersetzen.
Das kann man ausprobieren, man kann aber auch versuchen, einen geeigneten Wert zu berechnen - und das ist auch ohne Kenntnis der Schwingkreis-Induktivität recht einfach möglich.

Die Resonanzfrequenz eines Schwingkreises fres errechnet sich nach der Thomson´schen Schwingungsgleichung zu

fres = 1 / (2 · π · √(L · C))
mit L = Schwingkreis-Induktivität und C = Schwingkreis-Kapazität.

Demnach geht der Kondensator mit der Wurzel aus seiner Kapazität in die Frequenz ein. Um die Frequenz um 0,25% zu erhöhen, muss die Kapazität also um den Faktor √0,25 = 0,5% verringert werden.

Die bislang vorhandene Schwingkreis-Kapazität bestand formal aus der Parallelschaltung von 22nF und 0,82nF =  22,82nF.
Eine Verringerung um 0,5% führt auf eine Kapazität von 22,71nF - also formal auf die Parallelschaltung von 22nF und 0,71nF.
0,71nF bzw. 710pF gibt es allerdings nicht und der nächstgelegene Normwert ist 680pF. Wenn also der 820pF-Kondensator durch 680pF ersetzt wird, dann ist rechnerisch eine leicht erhöhte Drehzahl zu erwarten.

Die erneute Messung der Frequenz ergab einen Wert zwischen 1601 und 1602Hz bei 19,05cm/s. Dieses Ergebnis bestätigt nicht nur die Theorie, sondern mit der Abweichung von weniger als 0,1% nach oben ergibt sich gleichermaßen auch eine Reserve für die kommenden Jahre.



Überlegungen zum VU-Meter-Abgleich

Kontrovers diskutiert wird in den Foren zuweilen die Einstellung der Wiedergabe- und Aufnahmepegel sowie die 0dB-Einstellung des VU-Meters.
Für die Wiedergabe ab Testband fordern die älteren Service-Anleitungen eine Ausgangsspannung von 2V (1kHz Sinus). Diese Angabe ist insofern unbefriedigend, als an dieser Stelle weder der magnetische Fluss des Testbandes bekannt ist noch die 2V Ausgangsspannung einer gängigen Norm entspricht.
Der Aufnahmepegel orientiert sich an der Eingangsspannung, bei der die Aufzeichnung einen bestimmten Klirrfaktor erreicht. Diese Eingangsspannung wird anschließend auf die Hälfte (-6dB) reduziert und das VU-Meter auf 0db eingestellt.
Der Grund für die erforderliche Reduzierung ist die Trägheit von Zeigerinstrumenten. Kurze Spannungsspitzen im Musiksignal werden nicht angezeigt, was zu einer Übersteuerung des Magnetbandes führt. Zeiger-VU-Meter benötigen deshalb einen sog. Vorlauf und hierbei hat sich in der Praxis ein Wert von 6dB als sinnvoll erwiesen.

Im Laufe der Zeit wurden die Magnetbänder besser und erlauben eine deutlich stärkere Magnetisierung. Dieser Entwicklung wurde Rechnung getragen und die Einstellung der Wiedergabe- und Aufnahmepegel sowie die 0dB-Einstellung des VU-Meters im Nachtrag der letzten Ausgabe der Service-Anleitung entsprechend angepasst.
Unter Verwendung eines Testbandes mit einem magnetischen Fluss von 257nWb/m wird die Ausgangsspannung nun auf einen (genormten) Wert von 1,55V (1kHz Sinus) eingestellt.
Der Aufnahmepegel orientiert sich nicht mehr an einem bestimmten Klirrfaktor, sondern ebenfalls am magnetischen Fluss von 257nWb/m. Die hierfür erforderliche Eingangsspannung entspricht gleichermaßen der 0dB-Einstellung des VU-Meters.
Das hat zur Folge, dass aufgrund des nun fehlenden Vorlaufs Spannungsspitzen im Musiksignal das Magnetband formal um 6dB übersteuern und somit ein magnetischer Fluss von bis zu 514nWb/m auftreten könnten. Hinsichtlich des Klirrfaktors ist eine solche Übersteuerung bei modernen Magnetbändern aber kein Problem und hat zudem den Vorteil eines größeren Signal-Rausch-Abstandes.

Das grundsätzliche Problem bei beiden Verfahren ist, dass mit den Effektivwerten sinusförmiger Signale gemessen und abgeglichen wird, der Signalpfad aber den Spitze-Spitze-Wert einer Schwingung verarbeiten können muss. Der Spitze-Spitze-Wert einer Sinusfunktion z. B. errechnet sich aus

Uss = Ueff · √2 · 2 ≈  Ueff · 2,828 .

Ein Musiksignal hat dagegen meist einen vergleichsweise niedrigen Effektivwert Ueff bei einem relativ hohen Spitze-Spitze-Wert Uss - einen festen Zusammenhang zwischen Effektiv- und Spitze-Spitze-Wert gibt es nicht. Selbst dann, wenn der Signalpfad den doppelten Spitze-Spitze-Wert (+6dB) einer Sinusschwingung verzerrungsfrei verarbeiten kann, bedeutet das nicht, dass nicht noch höhere Spitzen in der Musik auftreten und Verzerrungen verursachen können. Die Berücksichtigung von Spitze-Spitze-Werten wär an dieser Stelle zielführender und mit einem Oszilloskop kann man auch sehen, dass ein VU-Meter-Vorlauf von 6dB keineswegs immer ausreichend ist. Es kommt sowohl auf das Musiksignal als auch auf die Trägheit des VU-Meters an.

Starke Bässe sind z. B. eher sinusähnlich und bringen den VU-Meter-Zeiger in den roten Bereich, obwohl keine Übersteuerung vorliegt.
Höherfrequente Spitzen können dagegen Übersteuerung bewirken, obwohl der Zeiger unterhalb 0dB bleibt.
Wie auch immer man es macht - theoretisch betrachtet wird es immer nur ein Kompromiss sein können.



Weitere Prüfungen und Abgleich des REVOX A77 MK III

Es wurden alle Prüfungen und Einstellungen vorgenommen, die mit den verfügbaren Messgeräten und Hilfsmitteln machbar waren, und hierbei traten keine nennenswerten Probleme auf. Die Prozeduren sind in der Service-Anleitung ausreichend nachvollziehbar beschrieben und müssen an dieser Stelle nicht wiederholt werden.

Für den Abgleich sollte das Gerät mindestens eine halbe Stunde auf Betriebstemperatur gebracht werden.
Bei Messungen mit Band sollten außerdem zwischendurch immer mal die die Köpfe gereinigt werden, wenn man einigermaßen reproduzierbare Ergebnisse bekommen will.

Etwas diffizil ist die Einstellung der Sperrdämpfung für die 120kHz-Schwingung in den Wiedergabeverstärkern.
Wie bereits erwähnt, ist für Wiedergabeverstärker 2 eine Abschirmplatte erforderlich, damit die 120kHz-Schwingung am Ausgang unter 50mV beträgt.
In der Einstellung STEREO lässt sich die Schwingung am Ausgang zwar minimieren, in den beiden MONO-Einstellungen liegt sie dann jedoch über der Spezifikation.
Man kann eigentlich nur versuchen, die Sperrdämpfung einigermaßen identisch sub-optimal einzustellen, sodass die 120kHz-Schwingung in allen Betriebsarten gerade unterhalb 50mV bleibt.

Das A und O sämtlicher Messungen und Einstellungen im Signalpfad ist die korrekte Spaltjustierung des Wiedergabekopfes.
Hat man die ursprüngliche Einstellung nicht verändert, dann sollte man es zunächst auch dabei belassen.
Wurde an Justierschrauben gedreht, dann kommt man zumindest um ein Testband zur Kopfspaltjustierung vermutlich nicht herum - jedenfalls dann nicht, wenn man es ordentlich machen will. Das ist ein Testband, welches auf einer Präzisionsmaschine vollspurig mit 10kHz bespielt wurde und eine exakte Senkrechtstellung der Spalte des Wiedergabekopfes ermöglicht. Wie empfindlich eine solche Einstellung ist, mag folgende Überlegung verdeutlichen:

Eine 10kHz-Schwingung hat eine Periodendauer von 0,1ms.
Wenn sich das Band mit 19cm/s bzw. 190mm/s am Kopf vorbeibewegt, dann bleibt für eine 10kHz-Schwingung ein Weg von nur 0,019mm übrig. Geringste Bewegungen an den Justierschrauben - oder natürlich auch eine übermäßige Krafteinwirkung beim Reinigen der Köpfe - machen sich sofort als Phasenverschiebung zwischen den Signalen beider Stereo-Kanäle bemerkbar. Mit einem 2-Kanal-Oszilloskop kann man das sehr gut beobachten.

Darauf aufbauend wird "über Band" der Spalt des Aufnahmekopfes justiert.
Die Feinjustierung in der Wiedergabeeinstellung MONO hat den Vorteil, dass die Signale beider Kanäle praktisch addiert werden und die Auslöschung einzelner Frequenzanteile aufgrund von Phasenverschiebungen leichter identifizierbar ist.
Alternativ zum Millivoltmeter können die Signale auch auf einem 2-Kanal-Oszilloskop dargestellt und deren Phasenverschiebung visuell minimiert werden. Hierbei wird man vermutlich feststellen, dass die Phasenverschiebung nicht konstant ist und nur im Mittel auf Null kompensiert werden kann - besser geht es dann halt nicht und das muss reichen.

Mit einem alten 8kHz-Vollspur-Testband, von dem ich überhaupt nicht mehr wusste, dass es existiert, konnte der Kopfspalt des Wiedergabekopfes überprüft werden.

Da die Trimmer auf den Steckkarten nicht ausgetauscht wurden, waren die vorherigen Einstellungen noch vorhanden und mussten im Prinzip nur angepasst werden.

Zur Einstellung der Ausgangsspannung ab Testband fand sich noch ein Bezugsband mit einem magnetischen Fluss von 514nWb/m (1kHz Sinus), welches einst auf einer Studio-Maschine AEG Telefunken M15A aufgezeichnet wurde. Nach Verifizierung der damaligen Einstellung wurde mit diesem Band die Ausgangsspannung auf 3,1V abgeglichen (entsprechend 1,55V bei 257nWb/m).
Die für 1,55V Ausgangsspannung erforderliche Eingangsspannung wurde auf 0dB festgelegt und die Magnetisierung auf einen Fluss von 257nWb/m eingestellt. Die ohnehin sehr hohe Eingangsempfindlichkeit des AUX-Eingangs verändert sich dadurch auf ca. 17mV (wirksame Spannungsverstärkung ca. 90).

Bei Aussteuerung eines Musiksignals bis auf 0dB VU wurde mittels Oszilloskop festgestellt, dass die Spannungsspitzen am Ausgang bis zu ca. 2dB zu hoch waren und somit auch der magnetische Fluss bis zu ca. 2dB oberhalb von 514nWb/m lag - also maximal bei etwa 650nWb/m. Der Bezugswert von 257nWb/m wurde demnach um bis zu ca. 8dB überschritten.
Da der Bezugspegel des vorgesehenen Tonbands Professional Audio LPR 35 im Datenblatt bei 19,05cm/s mit 320nWb/m angegeben ist, sollte eine Übersteuerung um 6dB kein Problem sein.
Bei 9,5cm/s Bandgeschwindigkeit beträgt der Bezugspegel 250nWb/m und dieser Wert wird - wie bereits festgestellt - um bis zu ca. 8dB überschritten. Auch dieser Wert ist hinsichtlich des Klirrfaktors laut Datenblatt aber noch akzeptabel.
Die Alternative wär, dem VU-Meter einen Vorlauf von 2dB zu geben.



Einmessung auf Tonband Professional Audio LPR 35

Das Professional Audio LPR 35 ist ein aktuelles Tonband für professionelle und semi-professionelle Anwendungen.
Laut Datenblatt liegen die Arbeitspunkte -4dB unter dem 10kHz-Maximum bei 19,05cm/s und -4,5dB unter dem 6,3kHz-Maximum bei 9,5cm/s. Diese Arbeitspunkte wurden zunächst eingestellt, die anschließende Frequenzgangmessung zeigte allerdings bei beiden Geschwindigkeiten eine deutliche Überbetonung der höheren Frequenzen.

Der Grund dafür ist wohl, dass die im Datenblatt angegebenen Arbeitspunkte mit anderen Tonköpfen ermittelt wurden, als im A77 verbaut sind.
Als optimale Arbeitspunkte wurden im vorliegenden Fall etwa -5dB bei 19,05cm/s und etwa -6dB bei 9,5cm/s gefunden und mit diesen Arbeitspunkten werden bei einer nur geringen Höhenanhebung im Aufnahmeverstärker die Spezifikationen problemlos erreicht.




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(Letzte Aktualisierung: Januar 2024)
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