Metallbaukasten

 
Fahrgestell mit Allrad-Antrieb für einen MAN F90 - Sandkastenkipper

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  Schon lange bestand der Wunsch, einmal ein ferngesteuertes Fahrzeug mit Allrad-Antrieb zu bauen.

Problematisch ist hierbei naturgemäß die Kraftübertragung auf die gelenkten Räder, welche gerade bei einem ferngesteuerten Modell einigermaßen zuverlässig funktionieren sollte. Der Metallbaukasten bietet zwar Kardangelenke, diese sind jedoch relativ lang und erlauben zum Teil auch nur geringe Lenkwinkel.
Ein Fahrzeug mit Allrad-Antrieb muss deshalb eine bestimmte Größe haben, woraus wiederum ein hohes Gewicht resultiert, welches den Antrieb entsprechend belastet.



Aus den Kindertagen unserer Tochter existierte noch ein MAN F90 - Sandkastenkipper im Maßstab ca. 1:9, der zudem noch sehr gut erhalten war.
Die Untersuchung der Räder zeigte, dass deren Durchmesser genau dem Durchmesser der seinerzeit von METALLUS erhältlichen LKW-Reifen entsprach. Da der LKW aus Kunststoff bestand, war außerdem das Gewicht relativ gering.

Es lag daher nahe, für den MAN F90 - Sandkastenkipper ein passendes Fahrgestell aus Teilen des Metallbaukastens zu bauen und dabei gleichzeitig einen Allrad-Antrieb zu konstruieren.
Der Original-Sandkasten-MAN
Der Original-MAN F90 - Sandkastenkipper

Da es sich um ein Baufahrzeug handelt, schien eine gewisse Beweglichkeit der Achsen angebracht. Die Vorderachse sollte deshalb als Pendelachse ausgeführt werden während für die Hinterachsen eine Federung vorgesehen war.
Zur Demonstration der mechanischen Funktion war geplant, den kompletten LKW-Aufbau ohne Werkzeug mit nur wenigen Handgriffen vom Fahrgestell lösen zu können. Die LKW-Karosserie durfte also nicht Bestandteil des Fahrgestells werden.
Letztendlich sollte das Fahrgestell nach Möglichkeit ausschließlich aus METALLUS -Teilen bestehen, und hiervon wurde nur in wenigen Details abgewichen. Einige Gewindestangen waren z. B. abzulängen und einige Flachstücke waren mit einer Feile zu bearbeiten.



Um alle diese Forderungen zu erfüllen, wurde zunächst ein einfacher Rahmen konstruiert. Er besteht im Wesentlichen aus 2 U-Trägern mit 48 Loch Länge (35 Loch + 13 Loch) und einigen Querverbindungen sowie den erforderlichen Befestigungen und Aufnahmen für die Komponenten.
Die Schwierigkeit war hierbei die Anpassung an die vorgegebene Karosserie, um diese möglichst wenig verändern bzw. durchdringen zu müssen.


Der komplette Rahmen von oben ...
Der komplette Rahmen von oben ...
 
... und der vordere Bereich von unten betrachtet
... und der vordere Bereich von unten betrachtet


Das Herzstück des Antriebs ist der IGARASHI-Motor SP3650-65 von CONRAD, der sich bereits in den anderen ferngesteuerten Modellen bewährt hat. Er befindet sich - wie auch die Aufnahmewanne für den Fernsteuer-Empfänger und den Fahrtregler - über der Vorderachse.

Der Antrieb
Der Antrieb
Anhand der Motordaten und der weiteren Gegebenheiten wurde eine Getriebe-Untersetzung von mindestens 20:1 errechnet, wobei die Differenziale eine Reduzierung von ca. 4:1 durchführen.

Das verbleibende Verhältnis von 5:1 wurde mittels eines Zahnradpaares 19Z / 95Z eingestellt, welches die Kraft auf eine Zwischenwelle überträgt.
Anfangs wurde dazu ein 19-Zähne-Ritzel aus dem technischen Modellbau mit Modul 0,6 verwendet, dies wurde aber später durch ein 19-Zähne-Ritzel Modul 38dp ersetzt.

Von der Zwischenwelle geht es über eine "Serienschaltung" mehrerer 19Z-Ritzel auf die Haupt-Antriebswelle, und von dort wird die Kraft auf die Vorder- und Hinterachsen verteilt.


Die Vorderachse besteht im Wesentlichen aus einem Rahmen mit den Aufnahmen für die Achsschenkel, in dem sich das Differenzial und die anderen Zahnräder zur Einkopplung der Antriebskraft befinden.

Recht einfach ist die Kraftübertragung von der Haupt-Antriebswelle auf die Vorderachse, welche - wie bereits erwähnt - als Pendelachse aufgebaut ist.
Die Vorderachse von oben betrachtet
Die Vorderachse von oben betrachtet

Die Kraftübertragung auf die Vorderachse
Die Kraftübertragung auf die Vorderachse
Die Einkopplung der Kraft erfolgt über ein Zahnradpaar 19 Zähne, von dem sich das eine Zahnrad am Rahmen in der Drehachse des Pendels befindet.
Das andere Zahnrad ist an der Vorderachse befestigt und kann sich auf einer Kreisbahn um das erste herum bewegen. Der Abstand der Zahnräder bleibt dadurch beim Pendeln der Vorderachse immer gleich groß.

Das größte Problem war zunächst die Kraftübertragung auf die gelenkten Vorderräder, und nach einigen Versuchen wurden hierfür Gelenke aus Stangen mit Kreuzköpfen und Gabeln eingesetzt, wie sie z. B. aus dem Minicar-Modellbau bekannt sind.

Ein Kreuzkopf besteht aus einem Stellring und 2 kurzen Gewindestangen, mit denen der Kreuzkopf gleichzeitig an die Welle geklemmt wird.


Eine Gabel besteht aus einem Stellring und 2 Flachstücken, bei denen das Langloch zu einer Gabel aufgefeilt wurde. Der Stellring wird ebenfall mit 2 kurzen Gewindestangen an die Welle geklemmt und anschließend die aufgefeilten Flachstücke mit jeweils einer Mutter angeschraubt. Zur Erhöhung der Bewegungsfreiheit zwischen Gabel und Kreuzkopf wurden die Flachstücke am Ende noch etwas aufgebogen.

Im vorliegenden Fall wurden bei den Gabeln keine kurzen Gewindestangen verwendet, sondern M4-Schrauben mit einem besonders schmalen Kopf, die sich zufällig im häuslichen Magazin fanden; Madenschrauben mit passender Länge wären hierfür vermutlich ebenfalls brauchbar.
Die Kraftübertragung auf die Vorderräder
Die Kraftübertragung auf die Vorderräder

Damit sich die Vorderräder beim Lenken auf einem möglichst kleinen Kreisbogen bewegen, wurden die Gelenke auf minimale Baugröße bei maximalem Lenkwinkel optimiert; dieser beträgt etwa 40°.
Von elementarer Bedeutung für die Funktion der Kraftübertragung ist die exakte Justage der Gelenke. Die Gewindestangen eines Kreuzkopfes müssen genau in der (senkrechten) Lenkachse und der Kreuzkopf selbst in der Höhe der Gabeln liegen. Andernfalls wird die Lenkung nicht ohne Klemmen und Hakeln funktionieren.


Das eingebaute Lenkservo
Das eingebaute Lenkservo
Die angetriebenen Wellen der Vorderräder sind in den Naben von je 2 Achshaltern gelagert. Hierdurch ergibt sich eine ausreichend lange Führung der Wellen und die erforderliche Stabilität der Vorderräder.

Das Lenktrapez wurde so eingestellt, dass sich die verlängert gedachten Lenkhebel zwischen den Hinterachsen schneiden.

Das Lenkservo mit einem Stellmoment von 60Ncm fand im vorderen Bereich des Rahmens ausreichend Platz.

Auch die Vorderachse wurde zur Bedämpfung der Pendelbewegung mit 2 Druckfedern ausgestattet, da das Modell sonst unnatürlich instabil auf den Rädern steht.


Um den Aufwand für die gefederten Hinterachsen zu begrenzen, wurden beide Achsen als komplette Antriebseinheit konstruiert, welche später beim Aufbau des Modells mit lediglich 4 federnden Befestigungen einfach an den Rahmen geschraubt werden konnte.

Dies hat den Vorteil, dass die Antriebe der Achsen starr miteinander verbunden werden können und zwischen den Achsen keine Kopplung mit Längenausgleich erforderlich ist.

Nachteilig ist, dass sich die Achsen nicht unabhängig voneinander bewegen können.
Da die Vorderachse jedoch auch angetrieben wird, ist das im praktischen Betrieb des Modells aber vermutlich kein Problem.
Die Hinterachsen als komplette Antriebseinheit
Die Hinterachsen als komplette Antriebseinheit

Die Kraftübertragung auf die Antriebseinheit
Die Kraftübertragung auf die Antriebseinheit
Aufgrund der federnden Aufhängung der Antriebseinheit ist zwischen der Haupt-Antriebswelle und der Antriebseinheit eine Kardanwelle mit 2 Gelenken und einem Längenausgleich erforderlich.

Auch hierfür wurden Gelenke aus Stangen mit Kreuzköpfen und Gabeln verwendet, da sie den erforderlichen Längenausgleich ohne weitere Maßnahmen erlauben.


Für den Akku wurde eine Halterung im vorderen Bereich des Rahmens angebracht; hier stört er am wenigsten und ist leicht zugänglich.
Die Fernsteuer-Komponenten passen in die vorgesehene Wanne zu beiden Seiten des Motor.

Abschließend wurde noch die auf der Antriebseinheit lastende Gewichtskraft gemessen und daraus die erforderlichen Druckfedern bestimmt (siehe auch Federung von Fahrzeugen unter "Sonstige Projekte"). Die insgesamt 4 Federn sind alle gleich groß und konnten aus einem Rohling (als Meterware erhältlich) hergestellt werden.
Der Federweg beträgt etwa +/- 10mm.


Das komplette ...
Das komplette ...
 
... Fahrgestell
... Fahrgestell


Gemäß der Vorgaben ist das Fahrgestell vollkommen eigenständig und kann zur Demonstration der Funktion für sich allein betrieben werden.

Mit wenigen Handgriffen und ohne Werkzeug kann aus dem LKW-Fahrgestell ein MAN F90-Baufahrzeug mit Allrad-Antrieb im Maßstab 1:9 gemacht werden.
Der Allrad-MAN in Aktion
Der Allrad-MAN F90 in Aktion



Da sich das fehlende Differenzial zwischen der Vorder- und den Hinterachsen auf Dauer als recht unbefriedigend herausstellte, wurde das Fahrgestell im September 2009 leicht umgebaut.
Ein Differenzial aus METALLUS -Teilen war zwar machbar, aufgrund seiner Größe wäre allerdings eine signifikante Änderung des vorgegebenen LKW-Aufbaus erforderlich gewesen. Andererseits sollte bei diesem Modell kein Differenzial aus systemfremden Teilen verwendet werden.


Vorderachse mit zuschaltbarem Antrieb
Die Vorderachse mit zuschaltbarem Antrieb
(hier mit eingeschaltetem Vorderradantrieb)
Die Entscheidung fiel zu Gunsten der einfachsten Lösung, nämlich eines zuschaltbaren Antriebs für die Vorderachse. Hierzu mussten zunächst die Aufhängung der Pendelachse geändert sowie einige Teile des bisherigen Antriebs getauscht werden.

Die Zuschaltung des Antriebs erfolgt durch Verschieben einer Welle, und hierfür reicht z. B. das Mini-Servo ES-05 von CONRAD. Es passt genau in eine Ecke der Vorderachse und folgt somit den Bewegungen beim Pendeln; eine komplizierte mechanische Kopplung ist dadurch nicht erforderlich.


Im Jahr 2018 wurde der MAN F90 - Sandkastenkipper mit einer Kippmechanik nachgerüstet.

Sie besteht aus einer einfachen Scheren-Mechanik mit 10-fach-Flaschenzug, die mit einem separaten Motor sowie einem weiteren Fahrtregler per Fernsteuerung betätigt werden kann.


Detaillierte Informationen dazu sind zu finden unter Modellpflege aus dem Jahr 2018.
Die aufgestellte Kippmulde
Der MAN F90 mit aufgestellter Kippmulde


Dieses Modell wurde veröffentlicht in der Zeitschrift CONSTRUCTOR QUARTERLY    No. 85   September 2009.


Abschließend an dieser Stelle noch ein Video des Fahrgestells mit Allrad-Antrieb für einen MAN F90 - Sandkastenkipper (1:54min / 38MB)

oder auch auf meinem YouTube-Kanal mit weiteren Videos.


Daten des Fahrgestells mit Allrad-Antrieb für einen MAN F90 - Sandkastenkipper

Länge:65cm
Breite:27cm
Höhe:15cm
Gewicht:4,5kg, mit LKW-Aufbau 6,5kg
Anzahl der Bauteile:noch nicht ermittelt

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